Legasthenie ist abhängig von der Regularität der Sprache. Je regulärer die Sprache, desto geringer ist die Prävalenz. Die Deutsche Sprache liegt eher im Mittelfeld.
⇒ 3% - 9% in Deutschland
Psychische Störungen können in einem Verlauf zwischen genetischer Disposition und Umwelteinflüssen stehen. Legasthenie hat eine relativ hohe genetische Disposition.
⇒ Gene befinden sich auf den Chromosomen, bilden sich somit aus einer bestimmten Anzahl von Basenpaaren und kodieren Proteine.
Obwohl das Chromosom 6p22 die am häufigsten replizierte Region für Legasthenie ist, ist die Durchführung weiterer Replikationen von hoher Bedeutung für eine fundierte Zuordnung.
Die 5 untersuchten Gene liegen alle auf dem Chromosom 6, im Bereich p22 (6p22).
Basenpaare bilden den Grundbaustein. Sie können aus folgenden vier Basen bestehen:
Kombinationsmöglichkeiten sind:
Die Basenpaare werden durch Wasserstoffbrückenbindungen gehalten und reihen sich in langen Ketten aneinander. Sie werden von Desoxyribose und Phosphat zusammengehalten. Es ergibt sich eine „Leiter“, wobei die Basenpaare die „Sprossen“ und Desoxyribose, sowie Phosphat die „Holme“ bilden. Diese Verkettung ist in sich verdreht. Diese verdrehte „Leiter“ wird als Doppelhelix bezeichnet.
Ein Chromosom besteht aus einer langen Doppelhelix, wobei die Chromosomen immer doppelt vorliegen (diploider Chromosomensatz). Alle Chromosomen zusammen bilden den Nucleus (Zellkern) jeder somatischen Zelle (normale Körperzellen). In somatischen Zellen ist ein Chromosom von der Mutter, das andere Chromosom vom Vater. Da die einzelnen konkreten Basenpaare (welche in Kombination Gene bilden) sich unterscheiden, muss der Körper sich für ein der beiden Varianten im Einzelfall entscheiden. Die Varianten oder Ausprägungsmöglichkeiten werden als Allel bezeichnet. Abhängig davon, ob das entsprechende Allel (1) dominant oder (2) rezessiv ist, wird die entsprechende Ausprägung sichtbar.
Die Allele sind entweder (1) homozygot oder (2) heterozygot:
Die Häufigkeit der Varianten (Allele) wird als Frequenz bezeichnet. Frequenzen sind rassenspezifisch (?) und können krankheitsspezifisch sein.
Betrachtet man zwei kurze Basenpaar-Stränge (DNA-Moleküle) von zwei unterschiedlichen Personen, so wird deutlich, dass viele Basenpaare abweichen. An einer Position, an der eine Person z.B. „Guanin – Cytosin“ hat, kann eine andere Person evtl. „Thymin – Adenin“ haben. Diese Abweichung wird als SNP (Single Nucleotide Polymorphism) oder Einzelnukleotid-Polymorphismen sind bezeichnet.
⇒ Siehe auch Grafik auf Wikipedia
Ein SNP stellt somit eine Punktmutation da. Eine Mutation liegt nur in einem einzigen Basenpaar vor. Allgemein spricht man von einem SNP, wenn bei mind. 1% der Bevölkerung existiert die Punktmutation vorliegt (laut Vorlesung). Diese Betrachtung scheint jedoch in heutiger Zeit nicht mehr relevant zu sein.
Bestimmte SNP-Ausprägungen (also ausgeprägte Varianten spezifischer Basenpaaren) können sowohl (1) Risikofaktoren, also auch (2) Protektivfaktoren sein.
Ein Beispiel zu den Begriffen SNP und Allel:
Die Frequenz des SNPs an der Stelle rs10535989. Dies ist eine exakt bestimmte Stelle, bestehend aus genau einem Basenpaar, welches in der menschlichen Population in unterschiedlichen Varianten vorkommt:
Die Polymerase-Kettenreaktion (Polymorase-Chain-Reaction, PCR) ist ein wichtiges Verfahren zur Vermehrung von DNA-Molekülen (Doppelhelix-Abschnitt).
Im ersten Schritt wird die Probe mit dem DNA-Molekül erhitzt. Dadurch trennen sich die Wasserstoffbrückenbindungen, die die Basen zusammenhalten und die Doppelhelix löst sich in zwei Einzelstränge auf.
Anschließend wird ein so genannter Primer in die Probe gegeben. Dieser ist ein kurzes Stück von Basenpaaren, welche über den DNA-Strang bekannt ist und sich direkt an einer passenden Stelle in die erzeugten Einzelstränge einbaut. Dabei ist jedoch zunächst nur ein sehr kleiner Teil der gewünschten neuen Doppelhelix reproduziert.
Es wird ein Enzym (Taq-Polymerase) in die Probe gegeben, welche den kleinen Anfang der neuen Doppelhelix (aus Schritt 2) fortführt und den gesamten Einzelstrang wieder zu einer vollständigen Doppelhelix ergänzt. Dabei werden die benötigten Basen aus der umliegenden Flüssigkeit genommen.
Die Einzelstränge wurden zu neuen DNA-Molekülen ergänzt. Aus einem DNA-Molekül wurde ein weiteres erzeugt.
Mit Hilfe des Single Base Extension (SBE) kann die beteiligte Base an einer bestimmten Stelle (SNP-Ausprägung) identifiziert werden.
⇒ Siehe auch Grafik auf Wikipedia
Bei diesem Verfahren wird ein PCR-Verfahren durchgeführt. Speziell dabei ist jedoch, dass ein sehr spezifischer Primer (SBE-Primer) verwendet wird. Dieser beinhaltet an der vorderen Seite Biotin. Außerdem ist der Primer exakt so lang, dass er den Einzelstrang bis unmittelbar vor der Stelle mit dem zu untersuchenden Basenpaar füllt (dieser Bereich muss folglich bekannt sein). Des Weiteren enthält der Primer kurz vor der Stelle mit dem zu untersuchenden Basenpaar eine UV-Licht-Empfindliche Stelle.
Die in der Flüssigkeit befindlichen Basen sind mit zwei Phosphaten versehen. Dies verhindert, dass das Enzym weiterarbeitet. Es wird folglich nur die erste passende Base ergänzt, anschließend bricht das Enzym den weiteren Aufbau ab. Die Doppelhelix endet an dieser Stelle.
Nachdem der Primer am Einzelstrang angedockt hat und das Enzym die eine passende Base an der zu untersuchenden Stelle ergänz hat, wird Streptavidin am Biotin ergänzt. Anschließend wird durch UV-Licht die Stelle nahe des zu untersuchenden Basenpaares unterbrochen. Durch das Streptavidin können die langen unnötigen Stücke entfernt werden. Übrig bleibt ein sehr kurzes Stück, an dessen Ende das zu untersuchende Basenpaar ist.
Mittels Massenspektrometrie (Bestimmung der relativen Molekülmasse) können die Proben Untersucht werden. Im Ergebnis zeigen sich die unterschiedlichen Varianten und das gesuchte Basenpaar kann eindeutig identifiziert werden.
Genetic Relative Risk (GRR) bezeichnet das Risiko an einer Erkrankung zu leiden, wenn man die Genvariante trägt.
Keine signifikanten Unterschiede zwischen KIAA0319, TTRAP, THEM2 und MRS2L in deren SNP-Häufigkeiten zwischen Versuchsgruppe und Kontrollgruppe.
Signifikante Unterschiede ergaben sich jedoch bei DCDD2 zwischen Versuchsgruppe und Kontrollgruppe.
DCDC2 (Doublecortin Domain Containing 2) spielt eine wichtige Rolle während der Hirnentwicklung. Speziell zur Kontrolle der Wanderung von Neuronen.
In einer anderen Studie wurde das entsprechende Gen ausgeschaltet. Die Neuronen verteilen sich in der Kontrollgruppe normal. Ist das Gen ausgeschaltet, dann ist die Verteilung der Neurone gehäuft.
Bestimmte Mutation im Gen FOXP2 führt zu spezifischer Sprachstörung. Beeinflussung bei verschiedenen Spezies:
In älteren Studien wurden bereits die beteiligten Areale bei Legasthenie ausgemacht. Dazu gehören:
Eine Metaanalyse zeigte, dass bei Legasthenikern meist eine Unteraktivierung im hinteren Bereich des Gehirns und im vorderen Bereich - wahrscheinlich als Kompensation – eine Überaktivierung.
Risikovariante (SNP3-G) des FOXP2 führt zu Unteraktivierung in sprachrelevanten Hirnareal.
Ziel für die Zukunft ist die Entwicklung eines genetischen Screening-Tests zur Frühdiagnose der Legasthenie (Projekt z.B. Legascreen).