Es wird generell unterschieden zwischen:
Es existieren vielfältige Begriffe:
Dykalkulie (vs. Dyslexie)
Arithmasthenie (vs. Legasthenie)
Rechenstörung (vs. Leserechtschreibstörung)
Rechenschwäche (vs. Leserechtschreibschwäche)
Mathematische Lernstörung
Mathematische Lernschwäche
Mathematische Schulleistungsschwäche
„Wenn ein Kind von normalem Intelligenzniveau im Rechnen durchgehend schwach ist oder darin völlig versagt, so kann es berechtigt sein, eine Rechenschwäche zu vermuten. Nicht jedes Kind, das schlecht rechnet, hat eine Rechenschwäche. […]“
„Es gibt auch nicht die Rechenschwäche, sondern so viele verschiedene Rechenschwächen, als es rechenschwäche Kinder gibt. Keine gleicht exakt der anderen. Die Rechenschwäche ist ein abstrakter Sammelbegriff. Im konkreten Falle haben wir es mit der individuellen Rechenschwäche eines bestimmten Schülers zu tun.“ (Wolfensberger, 1981)
Die Rechenstörung ist klassifiziert in der Nummer F81 „Umschriebene Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten“.
F81.0 Lese-/Rechtschreibstörung
F81.1 Isolierte Rechtschreibstörung
F81.2 Rechenstörung
F81.3 Kombinierte Störungen schulischer Fertigkeiten
„Diese Störung besteht in einer umschriebenen Beeinträchtigung von Rechenfertigkeiten, die nicht allein durch eine allgemeine Intelligenzminderung oder eine unangemessene Beschulung erklärbar ist. Das Defizit betrifft vor allem die Beherrschung grundlegender Rechenfertigkeiten, wie Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division, weniger die höheren mathematischen Fertigkeiten, die für Algebra, Trigonometrie, Geometrie oder Differential- und Integralrechnung benötigt werden.“
Ausgeschlossen werden Rechenschwächen als Folge von:
Unangemessenen Unterrichts, Deprivation
Zerebrale Schädigungen → Verlust bereits erworbener Rechenfähigkeit (erworbene Rechenschwäche)
Mangelnde Intelligenz (IQ < 70)
Organische Erkrankungen, Psychische Störungen oder Behinderungen (sekundäre Rechenschwäche)
Häufig auftretende Fehler bei Dyskalkulie sind:
Zahlenwörter kann keine konkrete Menge zugeordnet werden
Arabische Ziffern kann keine konkrete Menge zugeordnet werden
Absolutes Einschätzen von Mengen nicht möglich
Kontextuelles Mengenverständnis nicht möglich
Sofortiges Erfassen kleiner Mengen nicht möglich
Überschlagsrechnung nicht möglich
Unmögliche Rechenergebnisse werden nicht erkannt
Mengenvarianz wird nicht erkannt
Abzählen von konkreten Objekten nicht möglich
Beim Vorwärtszählen werden Zahlen übersprungen
Beim Rückwärtszählen wird ins Vorwärtszählen gewechselt, Einer/Zehner ausgelassen
Zählen in größeren Schritten gelingt nicht (z.B. Fünferreihe)
Fehler bei der Übertragung einer Zahl aus arabische in verbal/schriftliche Form
Fehler beim Lesen arabischer Zahlen
Verdrehen von Ziffern beim Schreiben arabischer Zahlen
Lautgetreues Schreiben diktierter Zahlen
Ziffern von Zahlen werden willkürlich zusammengerechnet (ohne den Stellenwert zu berücksichtigen)
Beim Rechnen werden Zehner-/Hunderter- oder Tausenderübergänge nicht beachtet
Stellen einer Zahl können nicht benannt werden (Einer, Zehner, Hunderter, Tausender)
Falsches Untereinanderschreiben beim schriftlichen Rechnen
Verrechnen um eins
Vertauschen von Rechenzeichen
Falsches Transfer- und Analogieverständnis
Falsche Rechenergebnisse aus den gleichen Rechenreihen
Fehler im Umgang mit der Null
Fehlende Beachtung eines Rechenzeichenwechsels
Je nach Studie gibt es unterschiedliche Angaben bezüglich der Prävalenz:
5-8% Prävalenz
3-6% Prävalenz
Aber es liegen unterschiedliche Ergebnisse in Studien vor:
Jungen und Mädchen gleichhäufig (1994, 1996)
Mädchen häufiger betroffen (2003)
Am Ende der 2. Klasse v.a. bei umschriebenen Rechenstörungen sind Mädchen häufiger betroffen (2005)
Individuum → Genetisch, Neuropsychologisch, Psychische Komponenten
Schulisches Umfeld → Unterrichtsmethoden, Lehrerpersönlichkeit, Arbeitsmittel, Mitschüler, Leistungsdruck, etc.
Soziokulturelles/Familiäres Umfeld → Einfluss auf psychische Komponenten, Sprachliche Erfahrung, Lernanregungen, Hilfen, Mitschüler, etc.
In der Folge einer schwachen Rechenleistung ergibt sich ein Teufelskreis:
Misserfolg Schule
Verstärktes unspezifisches Üben
Weiterhin Misserfolg
Wachsende Selbstzweifel
Geringer subjektiver Leistungszuwachs (im Vergleich zu Leistungszuwachs Klasse)
Weiteres unspezifisches Üben
Einsetzende Verweigerungshaltung
Allgemeine Schulunlust → Misserfolg Schule
Aus der Dyskalkulie können sich eine Reihe von Sekundärsymptomen ergeben. Zu diesen gehören nach Ramacher-Faasen (1999):
Konzentrationsstörung / Starke Ablenkbarkeit
Vermeidungsverhalten
Nervosität / Motorische Unruhe
Wutausbruch / Aggressivität
Psychosomatische Beschwerden
Leichte Ermüdbarkeit / Fehlendes Durchhaltevermögen
Anpassungsprobleme
Schulunlust / Schulangst
Mangelendes Selbstwertgefühl
Introvertiertheit
Kontaktprobleme mit Gleichaltrigen
„Klassenkasper“
Unordentlich wirkende Arbeitsweise
Häufiges Wiederholen/Erfragen von Aufgabenstellungen
Überhören von Aufgabenstellungen
Langsame/Unkonzentrierte Arbeitsweise
Verlangsamtes Reagieren
Hoher Zeitaufwand für Hausaufgaben
Im diagnostischen Prozess eigenen sich (1) Schulleistungstest als Screening z.B. in einer Schulklasse, während spezielle (2) Dyskalkulietests spezifische Probleme aufdecken können.
Osnabrücker Test zur Zahlenbegriffsentwicklung (OTZ)
Rechenfertigkeiten- und Zahlenverarbeitungsdiagnostikum (RZD)
Neuropsychologische Testbatterie für Zahlenverarbeitung und Rechnen bei Kindern (ZAREKI-R)
Ziele der integrativen Lerntherapie sind:
Verbessertes Selbstwertgefühl/Lernmotivation
Verbesserte Lernvoraussetzungen
Aufbau inhaltlicher Grundlagen (Lückenaufarbeitung)