Aus der psychologischen Perspektive wird Gerechtigkeit/Fairness als subjektives Konstrukt operationalisiert. Es wird nicht als normatives Konstrukt betrachtet.
⇒ Fairness ist subjektives Konstrukt
Güter stehen auf dem Arbeitsmarkt oft nur begrenzt zur Verfügung. Dazu gehören z.B.:
Auf Grund der Begrenztheit leitet sich die Frage ab, wie diese begrenzten Güter gerecht verteilt werden können (Allokation). Dazu gibt es unterschiedliche Theorien:
Die soziale Austauschtheorie geht davon aus, dass das Verhalten eines Menschen auch das Verhalten mindestens eines anderen Menschen beeinflusst.
Wenn ein Beschäftigter seinem Kollegen hilft, dann erwartete dieser, dass ihm im Austausch dafür bei der nächsten Gelegenheit ebenfalls geholfen wird (Ausgleich).
Wenn (1) Aufwand und (2) Ausgleich übereinstimmen, dann führt dies zu distributiver Gerechtigkeit.
⇒ Diese Idee ging in die Equity-Theory ein
Die Equity Theory nach Adams (1965) geht davon aus, dass eine Situation dann als gerecht erlebt wird, wenn das Verhältnis zwischen Beitrag und Ergebnis (Kosten-Nutzen-Analyse) einer Person gleich ist, mit dem Verhältnis einer anderen Person.
⇒ Gleiches Verhältnis = Fair
Vergleiche einer Kosten-Nutzen-Analyse können in Bezug auf verschiedene Positionen durchgeführt werden:
⇒ Das Gefühl einer fairen Behandlung ist ebenfalls stark abhängig von der Bezugsgruppe
Bei einer unausgeglichenen Kosten-Nutzen-Analyse reagieren die Beschäftigten mit Equity Distress. Personen mit Equity Distress sind z.B. 6 mal so häufig von depressiven Symptomen betroffen.
Beschäftigte haben mehrere Möglichkeiten um mit Equity Distress umzugehen:
Die distributive Fairness kann durch verschiedene Verteilungsregeln (Verteilungsprinzipien) erreicht werden:
„Prozedurale Gerechtigkeit (Verfahrensgerechtigkeit) beschäftigt sich mit der subjektiv wahrgenommenen gerechten Behandlung während eines laufenden sozialen Vorganges bzw. eines Verfahrens.“ (Tyler & Lind, 1992)
⇒ Ergebnis des Verfahrens spielt geringe Rolle! (Im Gegensatz zur Verteilungsgerechtigkeit)
Nach der Theorie von Thibau & Walker spielt sowohl die Kontrolle über das Verfahren, als auch die Aufteilung auf Konfliktpartei/Entscheidungsträger eine wichtige Rolle bei der Gerechtigkeitsbewertung.
Die Unzufriedenheit über Gehaltskürzung ist bei einer adäquater Erklärung kleiner, als bei nicht adäquater. Am geringsten ist die Unzufriedenheit jedoch bei der Kontrollgruppe.
Bei der Voice-Komponente wird davon ausgegangen, dass (1) Mitarbeiter gehört/einbezogen werden wollen. Wird dies beachtet, so resultiert daraus (2) mehr Zufriedenheit über organisationale Entscheidung.
⇒ Zufriedenheit unabhängig vom Ergebnis der Entscheidung
Das Group Value Model ist ein relationaler Ansatz. Dabei wird davon ausgegangen, dass nach einer positiven sozialen Identität gestrebt wird. Eine faire Behandlung ist ein Indikator dafür, dass eine Person ein respektiertes Mitglied einer Gruppe ist.
⇒ Faire Behandlung → Respektiertes Gruppenmitglied
Prozedurale Gerechtigkeit (Verfahrensgerechtigkeit) ist relativ unabhängig vom eigenen Arbeitsergebnis eines Mitarbeiters. Fühlen sich Mitarbeiter fair behandelt, dann äußert sich dies in vielen Bereichen:
Es werden drei Faktoren einer fairen Behandlung benannt:
Die interaktionale Fairness lässt sich in zwei Komponenten unterteilen:
Nach Gilliland (1993) sind 10 Dimensionen (prozedurale Regeln) für das Empfinden von Fairness bei der Personalauswahl von Bedeutung.
Eine Einschätzung des Auswahlverfahrens beeinflusst die Einstellungen und die Verhaltensweisen gegenüber der Organisation. Wird das Auswahlverfahren als fair betrachtet, beurteilen sowohl (1) angenommene, als auch (2) abgelehnte Bewerber die Organisation positiv.
In einer Studie von Yoder & Staudohar (1985) wurden zwei Werkschließungen von Automobilherstellern (1983) beurteilt:
General Motors | Ford |
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6000 Arbeiter | 2500 Arbeiter |
Vage Ankündigung 3 Wochen vorher | Klare Ankündigung 6 Monate vorher |
Management-kontrolliert | Partizipative Planung |
Vor Schließung: Keine Unterstützung | Vor Schließung: Unterstützung |
Nach Schließung: Zeitweise finanzielle Unterstützung | Nach Schließung: Programme zur Verbesserung der Vermittelbarkeit |
General Motors | Ford |
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46% wieder beschäftigt Nach 2 Jahren | 63% wieder beschäftigt Nach 14 Monaten |
8 Selbstmorde nach Schließung | Keine Selbstmorde nach Schließung |