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4. Berufswahl und Laufbahnentwicklung

4.1. Geschlechtstypische Berufswahl und Laufbahn

Ausbildungsberufe

Unter den 10 häufigsten Ausbildungsberufen finden sich deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede (Statistisches Bundesamt, 2006). Bei Frauen sind die häufigsten Ausbildungsberufe z.B. Bürokauffrau, Arzthelferin ,Kauffrau im Einzelhandel, etc., bei den Männern sind es Kraftfahrzeugmechatroniker, Industriemechaniker, Elektroniker-Energie- und Gebäudetechnik, etc.

Studienfachwahl

Auch bei der Wahl der Studienfächer gibt es deutliche Geschlechtsunterschiede (2004/2005). Dabei ist jedoch in einigen Fächern wie Medizin oder Rechtswissenschaften ein Wandel zu verzeichnen. Grundsätzlich studieren Frauen häufiger Fächer wie Germanistik, Pädagogik, Sozialwesen, etc., während Männer deutlich häufiger Elektrotechnik, Maschinenbau, Informatik, etc. studieren.

Geschlechtsspezifische Laufbahn

Auch in der Laufbahn (siehe …) der Berufe gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede. Männer sind in höheren Positionen eher vertreten als Frauen.

4.2. Erklärungsansätze Berufswahl

4.2.1. Berufsfindung nach Interessen

Im Berufswahlmodell von Holland (RIASEC) werden verschiedene Interessensbereiche abgegrenzt:

  • Realistisch (R) → Bevorzugt handwerkliche, technische Tätigkeiten
  • Intellektuell-forschend (I) → Vertiefung in intellektuelle Probleme, Analytisches Vorgehen
  • Künstlerisch (A) → Bevorzugt expressive, gestalterische, kreative Tätigkeiten
  • Sozial (S) → Hilft gerne, Gerne soziale Interaktionen
  • Unternehmerisch (E) → Bevorzugt wirtschaftlichen, finanziellen Tätigkeiten
  • Konventionell (C) → Bevorzugt ordnende, verwaltende Tätigkeiten

Unterschiede in der Berufswahl zwischen Frauen und Männern liegen vor allem in den Berufsfeldern Intellektuell-forschen, Realistisch und Sozial.

Empirische Evidenz

  • Steigende Zufriedenheit bei Interessenkongruenz
  • Eindeutige Interessenschwerpunkte erleichtern Berufswahl
  • Geringe prognostische Validität → Leistung nicht durch Interesse vorhersagbar

Testverfahren

  • Explorix → Deutschsprachige Adaption/Weiterentwicklung des Self-Directed Search (SDS)
  • Berufs-Interessen-Test II (BIT II)
  • Allgemeiner Interessen-Struktur-Test
Explorix

Im Explorix werden den Berufsgruppen die Interessenbereiche nach dem Berufswahlmodell zugeordnet.

  • Webmaster → CIA
  • Mathematiker → ICA
  • Grafikdesign → ACI
  • Musikwissenschaften → IAC

4.2.2. Berufliches Selbstkonzept

Entwicklung

Die Entwicklung des Selbstkonzeptes erfolgt nach Rosenberg (1979) in 4 Schritten:

  1. Reflektierte Bewertung → Selbst ergibt sich aus Einschätzung durch anderer
  2. Sozialer Vergleich → Vergleich mit anderen
  3. Selbstbewertung → Beobachtungen eigenen Verhaltens
  4. Psychologische Zentralität → Hierarchische Organisation (Generalisierte/Spezifische Selbstkonzeptes)

Theory of productive activity

Die Theory of productive activity von Yount (1986) erklärt, wie sich das Selbstkonzept bildet:

  1. Geschlechtstypische Arbeitsteilung
  2. Traits → Eigenschaften/Verhaltensweisen bzgl. Berufsfeld
  3. Geschlechtsstereotype → Sozialer Vergleich mit Geschlechtsstereotypen
  4. Selbstkonzept

Nach Hannover (1999) wird die Grundlage für geschlechtsspezifisches Wissen/Selbstbild durch eine kumulative Aktivierung von „Assoziationsknoten“ gebildet.

4.2.3. Rationaler Problemlöseprozess

Die Berufswahl kann als Problemlöseprozess verstanden werden. Die Qualität eines Problemlöseprozesses ergibt sich durch:

  • Orientierung
  • Exploration
  • Lösungsfindung
  • Entscheidung
  • Evaluation

4.2.4. Zuordnungsprozesse

Es existieren (1) externe und (2) interne Restriktionen, welche die Berufswahl determinieren bzw. frei möglich machen.

  • Extern Barrieren → Arbeitsmarktlage, Bewertung durch andere
  • Interne Barrieren → Selbstkonzept (geschlechtsspezifisch), Selbstwirksamkeitserwartung

⇒ Evtl. auch Erklärung der geringen prognostischen Validität

Beispiel: Interne Barrieren, Selbstwirksamkeitserwartung

Die Selbstwirksamkeitserwartung ist ein Beispiel für eine innere Barriere.

Selbstwirksamkeitswartungen bezeichnen die individuelle Einschätzung persönlicher Kompetenzen zum erfolgreichen Umgang mit herausfordernden Aufgaben.“ (Bandura, 1986)

Selbstwirksamkeit kann unterschieden werden in:

  • Allgemeine Selbstwirksamkeit
  • Spezifische Selbstwirksamkeit
4 Quellen der Selbstwirksamkeit
  • Meisterung von schwierigen Situationen
  • Beobachtung von Vorbildern
  • Soziale Unterstützung
  • Physiologische Reaktionen

4.3. Schlussfolgerung für die Berufswahlberatung

Vermittlung von Kenntnissen

Eine Vermittlung von Kenntnissen bzw. Förderung der Exploration kann erfolgen durch:

  • Arbeitswelt → z.B.: Berufe, Handlungsfelder, etc.
  • Eigene Person → z.B.: Fähigkeiten, Kompetenzen, Interessen, etc.

Wichtig ist es somit (1) alternative Handlungserfahrungen zu schaffen. Dazu müssen (2) reale Bedingungen verändert werden: Externe Barrieren und interne Barrieren.

  • Alternative Handlungserfahrungen
  • Reale Bedingungen

4.4. Laufbahnmodelle

Laufbahnmodell nach Super

Das Laufbahnmodell nach Super macht einige Annahmen über die Laufbahnentwicklung im Beruf:

  • Personen unterscheiden sich → bzgl. Fähigkeiten, Interessen, etc.
  • Berufe haben unterschiedliche Anforderungen → bzgl. Fähigkeiten, Interessen, etc.
  • Eignung → Bestimmte Personen eignen sich für bestimmte Berufe
  • Kontinuierlicher Prozess der Berufswahl → Änderung von Präferenzen, Kompetenzen, etc.
  • Fünf Lebensphasen → (1) Wachstum, (2) Exploration, (3) Verfestigung, (4) Erhalt, (5) Abbau
  • Sozioökonomische Bedingungen beeinflussen Berufslaufbahn → Mentale Fähigkeiten, Persönlichkeitsmerkmale, Möglichkeiten
  • Unterstützung der beruflichen Entwicklung möglich
  • Selbstkonzept ergibt sich aus beruflicher Entwicklung → Kompromissbildung: Personale Voraussetzungen / Möglichkeiten / Einschätzung der Resultate
  • Kompromissbildung als Rollenspiel → In Phantasie, Realität, etc.
  • Abhängigkeit der Arbeits- und Lebenszufriedenheit von Entsprechung der Tätigkeit mit Fähigkeiten, Werten, Persönlichkeitseigenschaften

Laufbahnmodell nach Abele

Das Laufbahnmodell nach Abele macht ebenfalls Annahmen über die Laufbahnentwicklung im Beruf:

(1) Ziele und Erwartungen werden in (2) Handeln umgesetzt, woraus (3) berufliche und private Entwicklung, Erfolg und Zufriedenheit folgt.

  • Ziele und Erwartungen
  • Handeln
  • Berufliche und private Entwicklung, Erfolge, Zufriedenheit

Beeinflusst wird dieser Prozess von:

  • Personenvariablen und Soziodemographische Variablen
  • Förderliche/hinderliche Bedingungen

4.4.1. Bedeutung des token-Status

Der Begriff „token“ bezeichnet „Zeichen“ oder „Symbol“.

Der Tokenstatus bezeichnet einen Status, bei dem einer Minderheit bezüglich eines Merkmals besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Üblicherweise wird jegliches Verhalten einer, der Minderheit angehörigen Person, auf die Merkmale der Minderheit attribuiert.

Ein Tokenstatus setzt ein, sobald in einer Gruppe ein Merkmal mit weniger als 15% Häufigkeit vertreten ist (Kanter, 1977).

Geschlechtsspezifischer token-Status

Befinden sich Frauen in Männerdominierten Berufen (mit < 15% Frauenanteil) oder Männer in Frauendominierten Berufen (mit < 15% Männeranteil), so wird das Verhalten der Frauen bzw. Männer eher bezüglich des Geschlechtes, als durch andere Faktoren bewertet.

4.4.2. Bedeutung von Selektion und Sozialisation

Bezüglich der Laufbahn gibt es zwei zentrale Wirkmechanismen:

  • Selektion
  • Sozialisation

Selektion

  • Selbstselektion
  • Fremdselektion

Sozialisation

  • Vorberufliche Sozialisation → Familie, Schule, etc. (Abgeschlossen mit Berufswahl)
  • Sozialisation für Beruf → Während Berufsausbildung
  • Sozialisation durch Beruf → Während Berufsausübung durch Arbeitstätigkeit/Organisation

4.5. Moderne Erwerbsbiographie

Bisherige Erwerbsbiographie

  • Aufstieg auf Karriereleiter,Senioritätsprinzip, Ältester steigt als erstes auf
  • Vertikale Verbesserung → Bzgl. Status, Gehalt, Macht
  • Arbeitsplatzsicherheit, Loyalität, Arbeitgeber trägt Verantwortung für Qualifikation

Heutige Erwerbsbiographie

  • Horizontale Wechsel häufig → Wechsel des Arbeitgebers
  • Eigenverantwortung für Beschäftigungsfähigkeit
  • Patchwork-Biographie
  • Flexible Organisationsstrukturen → Änderung alle 1-2 Jahre, Änderung als Konstante
Proteische Laufbahn

Die moderne Erwerbsbiographie kann als proteische Laufbahn“ (Wandlungsfähiger Meeresgott Protesus) bezeichnet werden.

  • Konzept der entgrenzten Laufbahn → Keine Grenzen in beruflicher Laufbahn
  • Employability → Beschäftigungsfähigkeit, Fähigkeit zur Teilnahme am Arbeits- und Berufsleben
 
uni-leipzig/psychologie/module/aundo/4.txt · Zuletzt geändert: 2013/01/13 15:49 (Externe Bearbeitung)
 
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