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21. Erwerbslosigkeit

21.1. Definition und Zahlen

Definition Arbeitslosigkeit

Folgende Kriterien ergeben eine Arbeitslosigkeit:

  • Vorübergehend in keinem Beschäftigungsverhältnis
  • Suchen versicherungspflichtiger Beschäftigung
  • Stehen Agentur für Arbeit zu Vermittlung zur Verfügung
  • Bei Agentur für Arbeit Arbeitslos gemeldet

⇒ Teilnehmer an Maßnahmen aktiver Arbeitsmarktpolitik gelten als nicht arbeitslos

Zahlen

Das Thema der Erwerbslosigkeit entwickelte sich seit ca. 1975. Vor dieser Zeit, war es noch eine Ausnahme Arbeitslos zu sein. Seit dieser Zeit liegt ein permanenter Anstieg vor, welcher fast nie wieder unter 1.000.000 gefallen ist.

  • Wichtig seit ca. 1975
  • Vor 1975 Arbeitslosigkeit geringe Relevanz
  • Nach 1975 permanenter Anstieg

21.2. Zentrale Ergebnisse

Metaanalyse (Paul & Moser)

Untersucht wurden 237 Querschnitt-Untersuchungen und 88 Längsschnitt-Untersuchungen. Dabei wurden Daten von 450.000 Teilnehmern ausgewertet.

Häufigkeit psychischer Störungen

  • Erwerbstätige →16%
  • Arbeitslose → 34%

⇒ Deutliche häufiger psychische Störungen bei Arbeitslosen

Bei folgenden Werten weisen Erwerbstätige ein höheres positives Befinden auf, als Arbeitslose (von hohem Unterschied bis geringem Unterschied sortiert):

  • Allgemeine Symptome
  • Overall
  • Depression
  • Subjektives Wohlbefinden
  • Angst
  • Selbstwert
  • Psychosomatische Symptome

Weitere Ergebnisse

  • Erwerbslos haben schlechtere Befindlichkeit als Wiedereingestellte
  • Gilt nicht, wenn Wiedereingestellte „underemployed“/„bad jobs“ sind (unsicher Jobs, die die Existenz nicht sichern)
  • Wirkungen auf psychische Vorgänge stärker und besser nachgewiesen als auf körperliche Vorgänge

Kausalität

Gemessen wurde an zwei Zeitpunkten, beobachtet wurde die Veränderung des Befindens:

  • Erwerbstätig → Erwerbstätig: Leichte Verbesserung
  • Arbeitslos → Arbeitslos: Keine Veränderung
  • Erwerbstätig → Arbeitslos: Deutliche Verschlechterung
  • Arbeitslos → Erwerbstätig: Deutliche Verbesserung

⇒ Bei Wechsel von Arbeitslos zu Erwerbstätigkeit deutliche Verbesserung

Sozialisation/Selektion

  • Selektionseffekt → Befindlichkeit ist Ursache für Erwerbslosigkeit
  • Verursachungseffekt → Erwerbslosigkeit Ursache schlechter Befindlichkeit

⇒ Verursachungseffekt stärker als Selektionseffekt

Moderatoren

Bei folgenden untersuchten Moderatoren, kein Moderatoreffekt:

  • Minderheitenzugehörigkeit
  • Bildung
  • Partnerschaft
  • Alter
  • Alter der Studie

Moderatoreffekt bei folgenden Moderatoren (Paul & Moser):

  • Beruflicher Status → Höher in gewerblich-technischen Berufen als Büroberufe
  • Dauer der Arbeitslosigkeit → Maximum bei 9 Monaten
  • Bindung an die Erwerbsarbeit → Bindung ist pos. für Erwerbstätige, neg. für Arbeitslose
  • Geschlecht → Widersprüchliche Befunde

Kontroverse Geschlecht

Mikrozensus 2005

Krankheitsrate bei Geschlechtern sehr unterschiedlich:

  • Frauen → odd-ratio 1,8
  • Männer → odd-raio 1,6
Bundesgesundheitssurvey
  • Männer deutlich höhere Erkrankungsrate bei 5 Störungsbildern
  • Frauen erhöhte Erkrankungsrate nur bei einem Störungsbild (depressive Verstimmung)
Metaanalysen
  • Paul & Moser (2009) → Größere Belastung bei Männern, als bei Frauen
  • Murphy & Athanasou (1999) → Keine Unterschiede zwischen Männern und gemischten Daten
  • McKee-Ryan et al. (2005) → Männer höhere psychische Gesundheit als Frauen in Erwerbslosigkeit

Klärungsversuch

Im direkten Vergleich liegt bei Männern keine schlechtere Gesundheit vor, als bei Frauen

Deckeneffekt

Bei Frauen evtl. Deckeneffekt:

  • Männer haben evtl. bessere Arbeitsbedingungen, weshalb die Gesundheit bei Erwerbslosigkeit stärker abfällt
  • Frauen haben evtl. schlechtere Arbeitsbedingungen, weshalb Gesundheit bei Erwerbslosigkeit nicht so stark abfällt, wie bei Männern

21.3. Spezifische Befunde

Verstärkend auf die negativen Auswirkungen der Erwerbslosigkeit wirken:

  • Dauer der Erwerbslosigkeit
  • Finanzielle Lage
  • Soziale Unterstützung
  • Vorherige Arbeitssituation
  • Arbeitsplatzunsicherheit

Finanzielle Situation und soziale Unterstützung

  • Schlechtere finanzielle Lage führt zu schlechtere Befindlichkeit
  • Fehlende Partnerunterstützung bei Frauen negativere Auswirkungen, als bei Männern
  • Andere Erwerbslose hilfreicher als Familienmitglieder oder erwerbstätige Freunde
  • Emotionale Unterstützung bei Verarbeitung erfolgloser Bewerbung hilfreich
  • Soziales Netz für Wiedervermittlung wichtig, Soziales Netz wird jedoch durch Arbeitslosigkeit kleiner

Unerforscht: Evtl. Stabilisierende Wirkung durch Geben sozialer Unterstützung (z.B. ehrenamtliche Arbeit)

Antizipation und Dauer

  • Stresssymptome bei Antizipation (Annahme einer Kündigung) sind stärker als nach Kündigung
  • Auch nach sehr langer Arbeitslosigkeit weitere Verschlechterung möglich
  • Kritische Altersgruppen für Vermittlung sind Jugendliche und „junge“ Ältere
  • Es gibt Risikomerkmale für Widervermittlung

Risikomerkmale

Meinungen und Daten

Über Arbeitslose gibt es viele Vorurteile, z.B. seien Arbeitslose eher Alkoholiker, drogenabhängig, kriminell, rechtsradikal, suizidgefährdet, etc.

  • Erwerbslosigkeit verstärkt vorhandene Anlagen von Alkoholkonsum und führt zu Ausweitung auf andere Suchtstoffe
  • Kein Zusammenhang zwischen Erwerbslosigkeit und Kriminalität/Rechtsradikalität, Allgemeine politische Radikalisierung bei erwerbslosen Jugendlichen (Kausalität schwierig)
  • Kein Zusammenhang zwischen Erwerbslosigkeit und Suizidgefahr
  • Positive und negative Tendenzen in Partnerschaften verstärken sich
  • Soziale Vererbung“ → Söhne erwerbsloser Eltern sind auch eher erwerbslos, Bei Töchtern eher sozial-emotionale Defizite in Familie entscheidend

21.4. Förderliche Bedingungen für Wiedereinstieg

Hinderliche Bedingungen für Wiedereinstieg

  • Gesundheitliche Einschränkungen
  • Geringe Qualifikation
  • Fortgeschrittenes Alter
  • Weiblich → v.a. alleinerziehende Mütter
  • Langzeiterwerbslos
  • Ausländer

⇒ Vor allem auch Merkmalskombinationen!

Förderliche Bedingungen für Wiedereinstieg

  • Qualität der Bewerbung wichtiger als Quantität → Reduzierung der Misserfolgserfahrung
  • Geringere Arbeitsorientierung führt zu besserer mentaler Gesundheit
  • Guter kognitive Fähigkeit und Eigeninitiative führt zu höherer Vermittlungsquote
  • Internale Ursachenzuschreibung förderlich für Wiedervermittlung
  • Konzessionsbereitschaft („Bereitschaft zu schlechteren Bedingungen“) führt vorerst zu einer Arbeitsstelle, aber nicht zu einer Verbesserung der Befindlichkeit

21.5. Rolle der A&O PsychologInnen

  • Individuums- oder gruppenbezogene korrektive Maßnahmen
  • Präventive betriebliche Maßnahmen
  • Für fundiertes Handeln sorgen

1. Individuums- oder gruppenbezogene korrektive Maßnahmen

  • Früher Ansatz
  • Psychische Labilisierung durch Armut vermeiden
  • Psychische Labilisierung durch Misserfolg vermeiden
  • Kontakt zu anderen Erwerbslosen fördern
  • Emotionale Unterstützung bieten
  • Soziale Netzwere erweitern („weak ties“ erhalten)
  • Familie einbeziehen → Unterstützung beim Rollenwechsel
  • Schutz vor Diskriminierung
  • Mittler statt hoher Arbeitsorientierung
  • Internale Kontrolle fördern → Aber keine falschen Hoffnungen wecken
  • Internale Ursachenattribution fördern (auf veränderliche Merkmale)
  • Qualität der Arbeit beachten → Abwärtsspirale durch zu hohe Konzessionsbereitschaft verhindern

2. Präventive betriebliche Maßnahmen

  • Arbeitumverteilung/Rotation und Outplacement (Vermittlung bereits noch an alter Arbeitsstelle)
  • Vermeidung von „Risikofaktoren“

3. Für fundiertes Handeln sorgen

  • „Behandlungsfehler“ vermeiden

Maßnahmen

Erfolgskriterien
  • Widervermittlungsrate
  • Psychische Befindlichkeit

Wiedervermittlung

Vermittlungsraten unterschiedlicher Programme liegen zwischen 20% und 30%.

Gesundheit

  • Interventionsprogramme haben einen positiven Einfluss auf die psychische Gesundheit
  • Nach Ende der Maßnahmen nimmt Verbesserung wieder ab
  • Befindlichkeitsverbesserung im Vergleich zu Kontrollgruppe (ohne Intervention) dauerhaft höherStressimpfung
 
uni-leipzig/psychologie/module/aundo/21.txt · Zuletzt geändert: 2013/01/26 20:45 (Externe Bearbeitung)
 
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